Präzisere Echtzeit-Flugsimulation kleiner Nutzflugzeuge durch Integration feingranularer Teilmodelle

am Beispiel der Aktuator- und Fahrwerksmodellierung

Umfang: 386 Seiten
Format: 14,8 x 21,0 cm
Erscheinungsjahr: 2019
ISBN 978-3-7983-3058-0
19,00 

Die Technologien und Anwendungsgebiete für UAV und kleine Nutzflugzeuge haben im zivilen Bereich in letzter Zeit eine rasante Entwicklung erfahren. Da der Betrieb dieser Systeme mit erheblichen Sicherheitsrisiken für den Luftverkehr verbunden ist, wird für die Soft- und Hardwareentwicklung der erforderlichen komplexen und sicherheitskritischen Avioniksysteme ein Prozess benötigt, der eine vergleichbare Zuverlässigkeit wie die für die Entwicklung von CS-25-Flugzeugen gebräuchlichen Methoden bietet. Dafür werden detaillierte, aber dennoch echtzeitfähige Simulationsmodelle benötigt, die die spezifischen Besonderheiten dieser kleineren Luftfahrzeuge berücksichtigen, die häufig der CS-23-Kategorie zuzuordnen sind. Solche spezialisierten Modelle sind wegen des üblicherweise auf klassischen Nachweismethoden beruhenden Entwicklungsprozesses und der bisher geringen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Flugzeugklasse kaum verfügbar. Die hierzu benötigten Modellierungsansätze haben sich auf Komponentenebene in anderen Anwendungsbereichen zwar prinzipiell etabliert, ihre Integration in eine systemdynamische Echtzeitflugsimulation ist aber in der Regel nicht trivial. Der wissenschaftliche Beitrag der Arbeit betrifft diesen Integrationsprozess und die damit verbundenen Herausforderungen und erforderlichen Maßnahmen, die neben einer effizienten Implementierung u.a. die Ableitung quasistationärer Ersatzmodelle für hochfrequente Teildynamiken und die effiziente numerische Behandlung unstetiger und nichtlinearer Phänomene betreffen. Dabei müssen spezifische Merkmale kleiner Nutzflugzeuge berücksichtigt werden, die eine direkte Übertragung entsprechender Modelle aus dem CS-25-Bereich oder militärischen Anwendungen ausschließen.
Ein Beispiel für die Simulation eines solchen Nutzflugzeuges stellt das flugmechanische Modell dar, das für das Motorsegelflugzeug STEMME S15 zur Entwicklung eines hochdynamischen, vollauthoritären automatischen Flugsteuerungssystems aufgebaut wurde. Das Modell zeichnet sich durch sehr detaillierte und feingranulare Ansätze bei der Modellierung verschiedener Teilsysteme (Aerodynamik, Triebwerk, Geländemodell, Fahrwerk, Aktuatorik, Sensorsysteme, etc.) aus, die im Rahmen eines Überblicks skizziert werden.
Eine detaillierte Darstellung aller Einzelheiten der Modellbildung und der Implementierung im Rahmen der Echtzeitsimulation erfolgt exemplarisch für die Aktuatorik und das Fahrwerk. Bei den eingesetzten Aktuatoren handelt es sich um rotatorische, elektromechanische Stellantriebe mit Wellgetriebe (HDT, Harmonic Drive Transmission), die über ein mechanisches Steuergestänge mit den Stellflächen verbunden sind. Das Fahrwerk ist als nicht einziehbares, gummibereiftes Dreibeinfahrwerk ausgeführt. Für die Stoßdämpfung werden neben der natürlichen Strukturelastizität Elastomerfederpakete eingesetzt. Die Bugradlenkung erfolgt mit Hilfe von Steuerseilen. Ein besonderes Augenmerk bei der Modellbildung liegt auf nichtlinearen Eigenschaften und Störeinflüssen des mechanischen Übertragungsweges, der Nachgiebigkeit der Ansteuerung sowie der Strukturelastizität und Seitenführungsdynamik des Fahrwerks. Diese Effekte können Verhalten und Leistungsfähigkeit des Regelungssystems maßgeblich beeinflussen. Für beide Teilsysteme wird die mathematische Modellbildung, die Implementierung und die Parameterbestimmung in einer Ausführlichkeit beschrieben, die die Ergebnisse für den Fachmann nachvollziehbar macht.
Die entwickelten Teilmodelle werden zunächst einzeln durch speziell darauf ausgelegte Experimente validiert. Anschließend wird die erfolgreiche Integration in die echtzeitfähige Gesamtsimulation anhand von ausgesuchten Fallstudien dokumentiert. Die gewählten Beispiele demonstrieren den Nutzen für den Entwicklungsprozess und die Relevanz der detaillierten Modellbildung. Abschließend werden die erreichten Ergebnisse zusammengefasst, Verbesserungspotentiale aufgezeigt und weiterführende Fragestellungen angesprochen.