Arzneimittelversorgung in der GKV und 15 anderen europäischen Gesundheitssystemen

Ein systematischer Vergleich

Umfang: 111 Seiten
Format: 21,0 x 29,7 cm
Erscheinungsjahr: 2015
ISBN 978-3-7983-2766-5
14,00 

Die Arzneimittelversorgung für gesetzlich Krankenversicherte und im Speziellen die Problematik der Bildung der Erstattungspreise bleibt auch nach den jüngsten gesetzlichen Änderungen in Deutschland ein zentrales Thema der gesundheitspolitischen Diskussion. Aktuell werden Erstattungsbeträge für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen zwischen GKV-Spitzenverband und pharmazeutischen Unternehmen im Rahmen der AMNOG-Verhandlungen vereinbart. Grundlage dieser Verhandlungen sind die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über den Zusatznutzen eines neuen patentgeschützten Arzneimittels. Für Arzneimittel ohne festgestellten Zusatznutzen, die einer Festbetragsgruppe zugeordnet werden können, finden diese Verhandlungen nicht statt.
Das übergreifende Ziel der Studie ist es, die Arzneimittelversorgung auf Grundlage eines systematischen Ländervergleichs anhand ausgewählter Kriterien darzustellen und ein umfassendes Bild der regulatorischen Mechanismen aufzuzeigen, welches die Arzneimittelversorgung in europäischen Ländern im Vergleich zu Deutschland prägt.[–]Im Fokus der vergleichenden Analyse stehen hierbei Regulierungsmechanismen, welche auf die Zulassung, Postlizenzierungsevaluation, Preisbildung und -aktualisierungen, finanzielle Beteiligungen der Patienten, Maßnahmen der Wirtschaftlichkeits- oder Qualitätssicherung sowie Regulierungsmechanismen für Generika fokussieren. Des Weiteren wird untersucht, wie sich die Preise bedingt durch Regulierungsmechanismen in den Vergleichsländern unterscheiden.
Die Studie basiert auf einer umfassenden Stichprobe von 16 europäischen Gesundheitssystemen (Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Schottland, Schweden, Spanien und Polen). Um eine grundlegende Informationsbasis für die Vergleichsländer zu beschaffen, wurden quantitative Daten von der OECD, landesspezifische regulatorische Dokumente sowie publizierte und graue Literatur herangezogen. Aufbauend auf der Systematisierung und tabellarischen Darstellung der länderspezifischen Informationen, wurden Experten im jeweiligen Land zum Review dieser Informationen herangezogen.[–]
Die Arzneimittelversorgung in der deutschen GKV weist im Vergleich zu den betrachteten europäischen Ländern auch nach den Änderungen durch das AMNOG eine sehr geringe „Verzögerung“ zwischen Marktzulassung eines neuen Arzneimittels und der tatsächlichen, öffentlich finanzierten Nutzung dieses Präparates auf. Eine Erstattungsfähigkeit besteht für praktisch alle Präparate und je Produkt für alle zugelassenen Indikationen, während Einschränkungen auf bestimmte Indikationen oder Patientengruppen in anderen Ländern häufig auftreten. Diese vergleichsweise „großzügige“ Erstattungsfähigkeit von rezeptpflichtigen Arzneimitteln – sowie die verhältnisweise mäßigen Zuzahlungen – spiegeln sich in sehr hohen öffentlich finanzierten Arzneimittelausgaben pro Kopf wider. Auch unter Einbezug der privaten Gesundheitsausgaben weist Deutschland überdurchschnittlich hohe Arzneimittelausgaben auf. Da der Anteil an Generika in Deutschland auf verhältnisweise hohem Niveau liegt, dürfte dies zum einen auf das überdurchschnittliche Preisniveau und zum anderen auf die Nutzung von neuen (und teureren) Arzneimitteln zurück zu führen sein. Insgesamt sieht sich Deutschland primär weder vor der Herausforderung einen besseren Zugang zu neuen Arzneimitteln zu gewährleisten, noch niedrigere finanzielle Hürden für Patienten einzuführen. Kosten und Qualitätsaspekte verdienen weiterhin die meiste Aufmerksamkeit. Um den „Value for Money“ zu erhöhen, könnte eine gezieltere Nutzungsteuerung bei neuen Arzneimitteln etwa durch eine Differenzierung der Erstattungsfähigkeit erwogen werden. Da die Nutzenbewertung bereits auf der Ebene von Subgruppen stattfindet, liegen die hierfür notwendigen Informationen vor und können bei der Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit (und nicht nur über den Erstattungspreis) genutzt werden.