125 Jahre Hauptgebäude der TU Berlin – Spannung zwischen Tradition und Nachkriegsmoderne; [Katalog zur Ausstellung „125 Jahre Hauptgebäude der TU Berlin – Spannung zwischen Tradition und Nachkriegsmoderne“ im Lichthof der Technischen Universität Berlin, November 2009]
Herausgeber: Hans Joachim Rieseberg
Umfang: 80 Seiten
ISBN 978-3-7983-2183-0
10,00 €
Der Blick in die Geschichte zeigt, welche erstaunliche Metamorphose diese Immobilie vollzogen hat. Betrachtet man heute ihre Fassade zur Straße des 17. Juni hin, so erscheint sie als ein Bau der architektonischen Moderne: sachlich, funktional, kühl. Doch die Geschichte hat sich tief in dieses Gebäude eingeschrieben.
Einst, 1884, wurde es als „Palast der technischen Wissenschaften“ feierlich eingeweiht. Nach dem Kölner Dom war es das größte Gebäude Preußens. Im Stil der italienischen Renaissance mit monumentalem Mittelpavillon errichtet, spiegelt es symbolisch den Aufbruch ins technische Zeitalter. 1899 verleiht der Kaiser im luxuriösen Lichthof den technischen Hochschulen in Preußen als ersten derartigen Bildungseinrichtungen im Deutschen Reich das Promotionsrecht. Die Gleichstellung mit den geisteswissenschaftlichen Universitäten ist damit vollendet.
Doch die Technische Hochschule lässt sich in die Weltherrschaftspolitik des Reiches einbinden. Im Jahr 1939 ist das Gebäude in die Speersche Ost-West-Achse integriert und wird Kulisse für Hitlers Militärparaden. Bald kehrt sich die Gewalt gegen die geistige Waffenschmiede, von der sie einst ausging. Im Mai 1945 liegt das Haus in Trümmern. Es ist das Ende der Technischen Hochschule.
Die englische Besatzungsmacht gründet sie im April 1946 als Technische Universität neu und verpflichtet Lehrende und Lernende zu humanistischen Studien. Die Not der Zeit diktierte die Art des Wiederaufbaus. Bis 1953 werden Teile des Gebäudes im historischen Gewand wieder errichtet. Aber es ist keine bloße Restaurierung. Die zeitgenössische Moderne findet Einzug in Bautechnik und Design. Was aber wird mit der Nordfassade? Sie ist der Ort, wo sich der Bruch mit der Vergangenheit radikal architektonisch vollzieht.
Seit 1968 verdeckt ein mehrgeschossiger Neubau den Altbau. Das neue Foyer ist ebenerdig, demokratisch und ohne Verweise auf Hierarchien und Statussymbole. Eine rote Wand verschließt den Blick ins Innere des Altbaus. Moderne und Traditionen stehen kontrastreich gegeneinander. Seit 2000 wird der historische Gebäudeteil behutsam erneuert. Die trennende Foyer-Wand soll transparent werden, Durchbrüche eröffnen den Blick in den Lichthof. Mehr Licht und Farbe werden die Eingangshalle erhellen.