Wohnraum für Wohnungslose – ist Housing First die Antwort?
Eine vergleichende Analyse der Herausforderungen, Kosten und Strategien im Umgang mit Wohnungslosigkeit in Deutschland und Norwegen
Erscheinungsjahr: 2016
Als vielversprechender Ansatz der Wohnungslosenhilfe ist das ursprünglich US-amerikanische Housing First-Modell in vielen europäischen Ländern eingeführt worden. Basierend auf der Idee, dass jedem Wohnungslosen eine Wohnung zusteht und jeder – mit der entsprechenden Unterstützung – in regulärem Wohnraum untergebracht werden kann, versteht es sich als Gegenmodell zu traditionellen Ansätzen der Wohnungslosenhilfe. Diesen wird vorgeworfen ineffektiv zu sein, indem sie Wohnungslose meist jahrelang in das Hilfssystem einbinden und somit die Wohnungslosigkeit lediglich verwalten anstatt sie zu beenden. Der Housing First-Ansatz dagegen verspricht eine hohe Erfolgsquote in der dauerhaften Unterbringung in Wohnraum, gleichzeitig erfährt er viel Aufmerksamkeit, indem er häufig als kostengünstige Lösung betrachtet wird. Anhand zweier Projekte nach dem Housing First-Ansatz in den Untersuchungsräumen Deutschland (Bielefeld) und Norwegen (Drammen) wird analysiert, inwiefern dieser ein effektives Modell der Wohnungslosenhilfe ist. Vor dem Hintergrund angespannter Wohnungsmärkte und einem knappen Angebot an günstigem Wohnraum stellt sich die Frage, wie der Anspruch jedem Wohnungslosen eine Wohnung zu beschaffen, realisiert werden kann und vor welche Herausforderungen die umsetzenden Kommunen dabei gestellt sind. Die Analyse lässt darauf schließen, dass die Umsetzung des Ansatzes auf kommunaler Ebene in verschiedener Hinsicht als effektiv bezeichnet werden kann. Dies bezieht sich zunächst auf die erfolgreiche Unterbringung eines Großteils ehemals Wohnungsloser in regulärem Wohnraum und auf die Verbesserung ihrer Lebensumstände durch eine stabile Wohnsituation. Zumindest in einem Beispiel kann eine Kosteneffizienz der Maßnahme nachgewiesen werden. Auf kommunaler Ebene kann auch festgestellt werden, dass prognostizierte Kosteneinsparungen in Hinblick auf die Akquisition von finanziellen Mitteln ein wichtiger Faktor für die Implementierung des Ansatzes sein können.[–] Trotz wesentlicher Unterschiede der Rahmenbedingungen der Wohnungsmärkte zeigen sich hinsichtlich der Herausforderungen in der Wohnungsbeschaffung in beiden Untersuchungsräumen viele Parallelen: Besonders der Mangel an geeignetem Wohnraum sowie ein erschwerter Zugang zu vorhandenem Wohnraum für diese Zielgruppe. Dennoch belegen beide Projekte, dass mit einem intensiven und zielgerichteten Einsatz sowie dem Ausschöpfen verschiedener rechtlicher Möglichkeiten eine erfolgreiche Unterbringung gelingen kann.