Erneuerung der Erneuerung?

Eine neue Rolle der Stadterneuerung im Kontext von Benachteiligungsphänomenen in der Stadtentwicklung

Umfang: 173 Seiten
Format: 21,0 x 29,7 cm
Erscheinungsjahr: 2008
ISBN 978-3-7983-2078-9
Startpunkt der Arbeit ist folgende Überlegung: Wenn seit den 1970er Jahren eine neue räumliche Ordnung entsteht und Stadtplanung einen aktiven Einfluss auf den Raum nehmen kann – gerade dann, wenn sie staatlich gesteuert wird – dann scheint sie an dieser neuen Ordnung nicht ganz unschuldig. Tatsächlich hat sich seit dem Ende der „Kahlschlagsanierung“ die Stadterneuerung in Deutschland ausdifferenziert;und die drei programmatischen Säulen „Behutsame Stadterneuerung“, „Soziale Stadt“ und „Stadtumbau“ versuchen, spezifisch ihre Vorteile geltend zu machen, diese neue Ordnung positiv zu beeinflussen. Die Erneuerungsprogrammatik besitzt inzwischen auf verschiedenen Feldern eine hohe Problemlösungskompetenz – denn die durchgeführten Maßnahmen und Projekte eines breiten Spektrums sind in dem Sinne und für sich erfolgreich, als dass die unmittelbaren Maßnahmen- und Projektziele erreicht werden. Aber die Erneuerung besitzt oftmals nur eine relativ geringe Problemvermeidungskompetenz. Künftige Probleme eines Quartiers werden nämlich in der herkömmlichen Erneuerungslogik dadurch vermieden, dass es nach Abschluss eines Programms eine nachhaltig verbesserte Situation mit einer gesünderen und nun gleichwertigen gebauten Umgebung und einer netzwerklich besser organisierten Quartiersbürgerschaft gibt, die dann selbständig bzw. in selbsttragenden Strukturen arbeitend sich um die etwaigen Zukunftsprobleme kümmern kann. Dieser an sich richtige Ansatz scheint aber wirkungslos an den Orten zu sein, welche regelrechte Programmkarrieren in der Erneuerungsgeschichte durchlaufen. Die Programmkarrieren gäbe es schließlich sonst nicht. Die Arbeit versucht deshalb, die soziologische Perspektive neu auf die planungsgeschichtliche Perspektive zu projizieren. Aus der stadtsoziologischen Analyse im Teil A werden Interventionsfelder entwickelt, in denen die Erneuerung gegen diese „Spaltung der Stadt“ (Häußermann) vorgehen sollte. Die planungsgeschichtliche Analyse im Teil B greift diese Interventionsfelder auf und erzählt die letzten 25 Jahre Erneuerung gleich drei mal: als Spannungsfeld von physischer versus sozialer Erneuerung, als Spannungsfeld von (Nicht-)Beteiligung und (Des)Aktivierung der Bevölkerung sowie als Spannungsfeld von komprehensiver versus inkrementalistischer Herangehensweise. Mit diesem Wissen kann dann die eingangs benannte Problemlösungskompetenz auf das im Teil A entwickelte Interventionsfünfeck strukturiert werden: 
● Materielle Ausstattung 
● Tatsächliche Verfügbarkeit von Infrastrukturen 
● Kommunikation und Netzwerke 
● Escape Opportunity 
● Symbolik und Image 
Die Implementation des Interventionsfünfecks in die Erneuerung führt im dritten Teil der Arbeit zu einem Plädoyer für diese neue Rolle der Erneuerung im Kontext von Benachteiligungsphänomenen in der Stadtentwicklung. Schließlich werden die Interventionsfelder in eine „Modularisierte Stadterneuerung“ übersetzt: die Skizze dieses Instrumentariums beschließt die Arbeit. Die Erneuerungsprogrammatik soll aus dem Quartier herauskommen;durch dessen modularen Charakter können jenseits der Versäulung quartiersbezogen säulenspezifischen Vorteile ausgenutzt werden. Die Perspektive des Quartiers wird über die (Förder-)Passfähigkeit der Programmatiken gestellt, damit Erneuerung quartiersspezifisch für ein rahmensetzendes Lebensumfeld sorgen kann, welches das Individuum ermutigt, die eigenen Benachteiligungen zu überwinden.