Reliefstudien – die Gestaltung des Ortes in der freien Landschaft um 1800
Erscheinungsjahr: 2016
Das Relief ist nicht nur das grundlegendste, sondern auch eines der stärksten Ausdrucksmittel der Gartenkunst bzw. Landschaftsarchitektur. Oft prägt oder motiviert es in seinem vorgefundenen Zustand den Gestaltungsakt überhaupt. Besonders deutlich zeigt sich dies an der baulichen Fassung von Orten in der freien Landschaft um 1800. Anhand dieses kulturellen Phänomens wird in dieser Arbeit das Gestaltungspotential des natürlich oder kulturlandschaftlich generierten Geländeverlaufs untersucht. Das Ergebnis ist eine Analyse der Beziehung zwischen der Gestalt der Erdoberfläche und der Wahrnehmung des Genius loci. Um 1800 gewann das Relief sowohl durch populärwissenschaftliche wie ästhetische Interessen an Beachtung. Die Arbeit nimmt diese beiden Lesarten als Ausgangpunkt, um die gestalterische Herausarbeitung des Ortes aus der Geländemorphologie zu umreißen. Deren Gestaltungspotential wird anhand des Bezuges auf Höhe/Tiefe, Exponiertheit/Introvertiertheit, Stabilität/Instabilität sowie Reliefform, Oberflächenstruktur und Anthropogenität ausgelotet. Mittels dieser Aspekte entstehen Prägnanzen im Geländeverlauf, die zum Anlass für die Wahrnehmung von Orten und zur Grundlage für die Erfahrung eines Genius loci werden. Dies stellt das Initial für den Gestaltungsprozess in verschönerten Landschaften um 1800 dar. Die bauliche Fassung des Ortes lässt sich in Bezug auf den vorgefundenen Geländeverlauf auf Ergänzungen, Visualisierungen und Symbolisierung zurückführen. In der Arbeit wird als normativer Beitrag zur Beschäftigung mit dem Relief eine Typologie entworfen, mit der die Beziehungen zwischen der geomorphologischen Situation und dem Ort beschrieben werden können. Die so entwickelten Relationen werden auf sechs Gestaltungsbeispiele aus dem 18. und 19. Jahrhundert angewandt, um das Potential zu illustrieren, das die eingehendere Betrachtung des Reliefbezugs für das Verständnis architektonischer und gartenkünstlerischer Werke enthält. Ziel der Arbeit ist es, mit dem vorgefundenen Geländerelief einen gestalterischen Grenzfall zu thematisieren, der als ein oftmals übergangener Aspekt des menschlichen Natur- und Raumverständnisses Wesentliches zu philosophischen, soziologischen, kunstgeschichtlichen bzw. kulturanthropologischen Forschungen beitragen könnte.