Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftlichen Engagements migrantischer UnternehmerInnen
Erscheinungsjahr: 2015
Wirtschaftliche Aktivitäten und gesellschaftliches Engagement von Migranten geraten (wieder) zunehmend in den Fokus von Politik, Forschung und Medien. Zwar wird die wachsende Konzentration von Einwanderern in deutschen Städten durchaus kontrovers diskutiert, ein politischer Perspektivenwechsel von der problem- zu einer potenzialorientierten Betrachtung der wirtschaftlichen Aktivitäten von Einwanderern ist dabei jedoch deutlich erkennbar. Deren Potenziale werden gesehen u.a. in einem zunehmend bedeutenden Anteil an der Gesamtwirtschaftsleistung, in der Sicherstellung der Grundversorgung in benachteiligten Stadtteilen, als Arbeitgeber und Anbieter von Ausbildungsplätzen, als Standortfaktor und Imageträger sowie als sozialer Treffpunkt und Informationsbörse für Einwanderer. Die Arbeit dient einer ersten Annäherung an ein aktuelles und zugleich komplexes Thema, für das noch keine empirischen Untersuchungen vorliegen. Dazu werden Theorien und empirische Befunde zu den zentralen Untersuchungsgegenständen migrantisches Unternehmertum, gesellschaftliches Engagement von Unternehmen und gesellschaftliches Engagement von MigrantInnen zusammengeführt und auf ihre Anwendbarkeit bzw. Evidenz hin überprüft. Eine erstaunliche – aber möglicherweise die entscheidende – Erkenntnis ist dabei, dass die ethnische Ökonomie als Kategorie nicht existiert. Am Beispiel der Fallstudie Aktives Zentrum und Sanierungsgebiet Müllerstraße im Berliner Stadtteil Wedding wird deutlich, dass sich MigrantInnen in großem Maße für das Umfeld ihres Standortes engagieren und dabei überwiegend ethnien- und religionsübergreifend in losen Kooperationsformen agieren. Die strategische Verankerung gesellschaftlichen Engagements in der Unternehmensführung spielt dabei so gut wie gar keine Rolle. Diese Beobachtung trifft aber im Großen und Ganzen insgesamt auf Kleingewerbetreibende zu. Doch sind MigrantInnen häufiger in den Bereichen aktiv, in denen sie als Selbstständige unterrepräsentiert sind, wie dem Sozial- und dem Gesundheitsbereich. Dazu kommt eine deutlich geringere Erfahrung mit beruflicher und politischer Interessenvertretung sowie geringe Kenntnis über Maßnahmen im Rahmen kooperativer Stadtentwicklungsprozesse. Der Weg der in den letzten Jahren eingeschlagenen integrierten Engagementpolitik in Bund, Ländern und Kommunen muss weitergegangen werden. Dazu gehört auch die kontinuierliche Verbesserung struktureller Rahmenbedingungen für gesellschaftliche Integration, die weniger auf lokaler Ebene verändert werden können.